Halina Hildebrand geht es nicht darum den Wald in seiner „Pracht“ zu zeigen: dramatisches Licht,
das durch Baumkronen bricht, verwunschen verschlungene Pfade, betörendes Farbspiel herbstlicher
Metamorphose …

Betrachten wir den Wald auf Hildebrands Fotografien, sehen wir etwas anderes.
Hier zeigt uns der Wald seine ihm seit jeher anhaftende Zwiespältigkeit: beschützend und bedroh –
lich, unheimlich und poetisch, geheimnisvoll und mystisch.
Im Märchen wird er zum (Austragungs-)Ort der persönlichen Transformation: der Naive wird zum
Erwachsenen, der Unschuldige zum Wissenden, der Hilflose zum Handlungsmächtigen.
Wer aus dem „dunklen Wald“ wieder herausfindet, hat seine Ängste besiegt und sie in Stärke und
Erkenntnis verwandelt.

Für Hildebrand ist der Wald ein „Zustand“, ein Aggregat ungleicher Kräfte, das ein seelisches Echo
hervorzurufen vermag. In diesem oszillierenden Wechselspiel entsteht eine intime Unschärfe und
durch die Technik der Mehrfachbelichtungen scheint das real Sichtbare und das unbewusst Erlebte
in einem Bildmotiv zu gerinnen. So entstehen Allegorien von abstrakter Schönheit.

Der Wald in Hildebrands Fotografien ruft den Betrachter in sein mythisch Inneres, das sich immer
mehr in ein „Waldgeschehen“ verwandelt und immer näher an ein vages, allegorisches Erleben
rückt, das schließlich auf den Betrachter selbst verweist. Dort, im Dickicht des Waldes, finden wir
unweigerlich ins Dickicht unserer Innerlichkeit.

Diese Waldbilder sind Antipoden und mehr einem Suchen, einer Sehnsucht zuzuordnen.
Diese Sehnsucht aber hat ihren Ursprung in Natürlichkeit. Im vergessenen Frieden einer noch
ungedeuteten Welt.

Lassen Sie sich also für einen Augnblick ein auf den Wald, wie er hier gezeigt wird. Treten Sie durch
diese Bilder in Ihr Unbewusstes, lassen Sie Ihren Gedanken und Assoziationen freien Lauf. Rufen
Sie hinein in diesen Wald und seien Sie gespannt auf das Echo, das er Ihnen zurückschickt.

Und in Anlehnung an Nietzsche:
Wenn du lange in den Wald blickst, blickt der Wald auch in dich hinein.

Elke Rohleder | floxdesign Berlin